"Warum Content-Marketing?" - Teil 2: Aufmerksamkeit, Mediennutzung und eine strategische Haltung
Warum Content-Marketing? Teil 2

Vor einiger Zeit begannen wir unsere kleine Reihe von Blog-Artikeln (hier Teil 1) zum Thema Content-Marketing (CM) mit der Frage, was Content-Marketing eigentlich ist (und was es nicht ist). Heute wollen wir die Gründe untersuchen, warum Unternehmen heutzutage Content-Marketing betreiben sollten.

Eine Befragung von 100 Werbetreibenden, Agenturen und Publishern im DACH-Raum (Ligatus Content Marketing Studie 2016) ergab, dass bereits 83 Prozent der Unternehmen Content-Marketing betreiben. Hauptziel der Aktivitäten ist Branding, gefolgt von Kundenbindung, Vertriebsunterstützung und SEO. Das zeigt: Das Thema Content-Marketing ist in den Unternehmen angekommen. Es tritt dort in Konkurrenz zu anderen Formen von Marketing und Werbung: Die weiter steigenden Budgets für CM sollen einer Studie des CMFs (Content Marketing Forum) zufolge zu 73 Prozent aus Umschichtungen zu Lasten anderer Marketing- und Kommunikationsdisziplinen finanziert werden, 30 Prozent davon zu Lasten klassischer Werbung.

Aufmerksamkeit ist ein kostbares Gut

Das ist kein Zufall, sondern eine Reaktion auf tiefgreifende Veränderungen in der Mediennutzung. Ob B2C oder B2B – die Zielgruppen werden über klassische Werbeformen immer schlechter erreicht. Die Ursachen sind vielfältig: die zunehmende Verschiebung der Mediennutzung von Print zu Online, die sinkende Akzeptanz von Digitalwerbung, eine veränderte Rezeption von Inhalten in Zeiten mobiler Kommunikation und GAFA-Monopol (Google, Amazon, Facebook, Apple) – und in der Folge das Konkurrieren um eine immer stärker fragmentarisierte Aufmerksamkeit der Rezipienten. In der Unternehmenskommunikation ist die Aufmerksamkeit der Zielgruppen das kostbarste Gut – und heute reicht es nicht mehr aus, immer wieder Unternehmensbotschaften durchzudeklinieren in der Hoffnung, dass sie schon irgendwann hängen bleiben werden.

Content first: eine strategische Haltung

Content-Marketing nutzt die Tatsache, dass ich eher die Aufmerksamkeit meiner Rezipienten gewinne, wenn ich etwas kommuniziere, was sie interessiert. Das gilt für Blogartikel, Tipps & Tricks oder Rezepte ebenso wie für die Werbung. „Content-Marketing“ sollte daher aus unserer Sicht eher als strategische Haltung verstanden werden, die sämtliche zielgruppenbezogene Kommunikation leitet, also nicht nur selbst publizierte Inhalte, sondern auch die klassischen Kanäle („gekaufte Aufmerksamkeit“) betrifft. Bernhard Fischer-Appelt, Vorstand der gleichnamigen Agenturgruppe, formuliert das so: „Eine Erfahrung aus dem Content-Zeitalter ist, dass man auch dann, wenn man Prime-Time-Zeiten kauft, am besten ein wenig Achtung vor den inhaltlichen Interessen seiner Zielgruppe haben sollte, und dass man mit gekaufter Aufmerksamkeit so ähnlich umgeht wie mit geschenkter Aufmerksamkeit: respektvoll.“ Content-Marketing und klassische Werbung schließen einander also nicht aus. Folgerichtig sind 80 Prozent der in der genannten CMF-Studie befragten Unternehmen davon überzeugt, dass beide Formen künftig stärker ineinandergreifen und mehr miteinander verzahnt werden.

Gegenwind von Journalisten

Wenn heute Unternehmen mittels Content-Marketing auch selbst als Publisher auftreten, geraten die traditionellen Vermittlerbranchen weiter unter Druck: die klassische Werbung und der klassische Journalismus.

Viele Journalisten stehen der üblichen Content-Marketing-Praxis kritisch gegenüber – und häufig nicht zu unrecht. Digitaljournalismus-Guru Jeff Jarvis etwa kritisiert, dass Unternehmen ihr herkömmliches Marketing-Verständnis – Verbreiten von Botschaften als Einbahnstraße – auf ihre Content-Produktion übertragen. Content-Marketing als Ersatz für klassische Werbemethoden beeinflusse die öffentliche Meinung und gefährde den unabhängigen Journalismus, resümiert eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung (OBS). Dieselben Autoren warnen vor Täuschung, Verschleierung und „Pseudo-Journalisten“, weil die Unternehmen hinter Magazinen wie „Bergwelten“ (Red Bull) oder „Curved“ (E-Plus) kaum in Erscheinung treten – gerade nur soweit, wie das Telemediengesetz es eben fordert. Auch Medienhäuser wie Axel Springer plädieren für bezahlten Qualitätsjournalismus, sind aber ihrerseits längst auf den Zug aufgesprungen und bieten selbst Content-Marketing-Dienstleistungen an.

Hilft Content-Marketing überhaupt der Marke?

Auch manche Anbieter klassischer Werbung reagieren gegenüber Content-Marketing verständlicherweise mit Abwehrreflexen, z.B. Jung-von-Matt-CEO Thomas Strerath, der die „Content-Lüge“ geißelt, oder ADC-Jury-Chef Michael Conrad, der vor der „Content-Falle“ warnt. Häufig wird auch hier unter „Content“ alles Mögliche verstanden, was mit Content-Marketing nichts zu tun hat – zum Beispiel Werbe-Videos, die sich viral verbreiten sollen (wie in diesem Beitrag dargestellt).

Die Kernfrage aber ist es wert, diskutiert zu werden: Welchen Beitrag kann „Content“ für die Markenbildung leisten? Angesichts mancher vorgeblich objektiver, scheinredaktioneller Inhalte ohne klaren Absender (hauptsächlich im B2C-Bereich) sind unserer Meinung nach tatsächlich Zweifel angebracht. Generell aber – und gerade auch im B2B-Bereich – dürfte es extrem hilfreich sein, wenn es einem Unternehmen per Content-Marketing gelingt, sich bei seinen Zielgruppen als Experte in wichtigen Themen, relevante Informationsquelle und kundenorientierter Problemlöser zu verankern.

Autor: Dr. Michael Richter, Leitung Text/Konzeption
Titelbild: © Rassco – fotolia.com

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One Response to „Warum Content-Marketing?“ – Teil 2: Aufmerksamkeit, Mediennutzung und eine strategische Haltung
  1. […] vom eigenen Unternehmen und seinen Zielen her zu denken. Content-Marketing allerdings will explizit die Interessen der Zielgruppen bedienen. Ein Perspektivenwechsel ist nötig. Die Frage lautet also: Welche Inhalte sind interessant und […]

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